Stichwort: Flexibilität

Arbeit: sicher und fair! Zukunft und Perspektiven für die junge Generation

26.09.2013 Aus dem Scheibenwischer: Ergebnisse der IG Metall-Beschäftigtenbefragung "Arbeit: sicher und fair" in der Zentrale!

Stuttgart. Nachdem wir im Juli bereits über die bundesweiten Ergebnisse berichtet haben, werden wir ab dieser Ausgabe in einer kleinen Serie die wesentlichen betrieblichen Ergebnisse vorstellen. Gleichzeitig möchten wir mit Ihnen in einen Dialog treten, wie diese Ergebnisse zu interpretieren sind und welche Konsequenzen wir gemeinsam daraus ziehen sollten - auch im Hinblick auf die unsere Prioritäten als IG Metall Betriebsräte. Beginnen wollen wir mit:

Fle-xi-bi-li-tät, die (von lat. flectere; biegen, beugen):
Anpassungsfähigkeit an wechselnde Umstände, Biegsamkeit

Mangelnde Anpassungsfähigkeit an eine sich permanent verändernde Umwelt hat schon so mancher Spezies ein jähes Ende bereitet. Entsprechend ist Flexibilität im Sinne der Anpassungsfähigkeit wichtig und im deutschen Sprachgebrauch positiv belegt - und die Umfrage zeigt, dass die KollegInnen auch damit umgehen können. Der Frage "Ich kann mit Flexibilität gut umgehen und habe damit kein Problem", stimmen 35 Prozent voll und ganz zu, 53 Prozent stimmen eher zu. Nur 4 Prozent lehnen Flexibilität grundsätzlich ab. Als biegsam hingegen möchte niemand gerne bezeichnet werden, denn das steht für Charakterschwäche, fehlende Überzeugungen und wechselnde Prioritäten. Aber welche Flexibilität ist hier eigentlich gemeint?

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Flexibilität aus Sicht des Unternehmens

Das Unternehmen möchte die richtigen Produkte zur richtigen Zeit in der richtigen Qualität und der richtigen Menge an den Kunden bringen - und das zu möglichst geringen Kosten.
Aktuelles Stichwort "customer dedication": der Kunde ist König und muss gemäß seiner Bedürfnisse umsorgt werden - möglichst rund um die Uhr und just in time. Für diese Aufgabe benötigt das Unternehmen die richtige Anzahl von MitarbeiterInnen bzw. FTEs (Full-time Equivalents) in den richtigen Projekten und den richtigen Standorten für die richtige Anzahl von Stunden - und erwartet hierfür eine entsprechende (zeitliche und räumliche) Flexibilität der FTEs. Die Umfrage zeigt, dass die KollegInnen der Zentrale dieser Erwartung im hohen Maße erfüllen: die tatsächliche Arbeitszeit liegt bei allen Befragten deutlich über der tariflich vereinbarten. Über 40 Prozent der Befragten gaben an, mehr als 40 Stunden die Woche zu arbeiten. Bei 13 Prozent der Befragten ändert sich die tägliche Arbeitszeit ständig und bei 34 Prozent häufig kurzfristig aufgrund der Anforderungen des Betriebs. Vor allem die hohe Zahl der Überstunden deutet darauf hin, dass die KollegIinnen nicht starr auf Ihre jeweils vereinbarte Wochenarbeitszeit bestehen, sondern flexibel auf die (steigenden) Anforderungen des Unternehmens reagieren. Dank unserer guten Gleitzeitvereinbarung, nach der keine Arbeitszeiten verfallen, können die KollegInnen diese Überzeiten dann (theoretisch) in "ruhigeren" Zeiten auch wieder abbauen - oder sie werden über Zuschläge kompensiert.

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Flexibilität aus Sicht der KollegInnen

Trotz der jüngst geforderten 275.00 Kundenverantwortlichen - sprich voller Kundenorientierung - orientieren sich die Flexibilitätsbedürfnisse der KollegInnen primär an ihrer privaten Situation. Nur 6 Prozent stimmten der Aussage voll und ganz zu, dass die Arbeit ihnen so viel bedeutet, dass sie ihr in der Regel Vorrang vor dem Privatleben einräumen. Den KollegInnen ist es ein Anliegen, die geforderte Arbeitsleistung gemäß der eigenen Bedürfnisse zeitlich flexibel und mobil zu erbringen - primär um der Vielzahl zusätzlicher "privater" Verpflichtungen wie Arzttermin, Kinderbetreuung, Hausbau, Ehrenamt o.ä. adäquat begegnen zu können. 50 Prozent der Befragten ist es sehr wichtig und 42 Prozent wichtig, die tägliche Arbeitszeit an die privaten Bedürfnisse anpassen zu können. Der Aussage "Ich würde gerne einen Teil meiner regulären Arbeitszeit von zu Hause aus erledigen" stimmen 34 Prozent voll und ganz zu, 30 Prozent stimmen eher zu. 33 Prozent würden es begrüßen, die Arbeitszeit absenken zu können, um mehr Zeit für Kinder und pflegebedürftige Angehörige zu haben. Für 37 Prozent ist es sehr wichtig, Entgeltzuschläge als Ausgleich für flexiblen Einsatz zu erhalten.

Souveränität über die eigene Arbeitszeit ist keine Selbstverständlichkeit
Flexibilität ist eine Frage des Blickwinkels: das Unternehmen muss flexibel auf die Kundenbedürfnisse reagieren, der Mitarbeiter möchte seine Arbeitszeit entsprechend seiner eigenen Bedürfnisse gestalten. Beide Anspruchsgruppen haben legitime Ansprüche und es bedarf eines intensiven Dialogs, um gemeinsam immer wieder neu passende Regelungen und Kompromisse zu finden. Unsere Aufgabe als IG Metall-BetriebsrätInnen ist es, in diesen Verhandlungen die Interessen der KollegInnen zu vertreten - ohne dabei das Wohl des Unternehmens aus dem Blick zu verlieren. Dass wir das ganz gut hinbekommen, zeigen eine Vielzahl von "Flexibilitätsinstrumenten", die in zähen Verhandlungen hart erkämpft wurden: Beispielsweise keine Kernarbeitszeit, sondern ein flexibler Gleitzeitrahmen von 6 bis 20 Uhr, kein Verfall von Überstunden und das Recht, sich im Rahmen von -60 bis +60 Überstunden (grüne Phase) frei zu bewegen und uneingeschränkt Gleittage zu nehmen, die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten von zu Hause, Langzeitkonten, Entgeltzuschläge etc.

Ihre Rückmeldungen sind gefragt - werden bestehende Regeln gelebt?

Können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, entsprechend der heutigen Regeln autonom über Ihren Auf- und Abbau von Zeiten bestimmen? Können Sie auch einmal ausschlafen und um 10 Uhr ins Büro kommen oder bei schönem Wetter auch mal um 13 Uhr gehen, ohne dabei schräg angeschaut zu werden? Werden Ihnen Gleittage bewilligt - oder nur in Ausnahmefällen oder aufgrund betrieblicher Bedürfnisse sogar verweigert? Wird Ihnen mobiles Arbeiten von zu Hause ermöglicht - oder müssen Sie darum kämpfen? Dürfen Sie nach einer Auslandsreise auch einfach mal von zu Hause aus arbeiten und Ihre Abrechnungen von dort erledigen?
Kurz gesagt: Bietet das Unternehmen als Gegenleistung für die eigenen Flexibilitätsanforderungen Ihnen die Freiheiten, die Sie benötigen? Weiß Ihr Vorgesetzter es zu schätzen, wenn Sie flexibel auf seine Anforderungen eingehen - und bringt das auch zum Ausdruck?

Um zu erfahren, ob die gegenwärtigen Regelungen ausreichen oder nicht, brauchen wir Ihr Feedback! Genügen Ihnen die jetzigen Regelungen oder brauchen wir klarere Vorgaben, wie z.B. ein "Recht auf mobiles Arbeiten" - oder sogar eine stärkere Sensibilisierung der Führungskräfte, bestehende Regelungen auch anzuwenden?

Wir freuen uns auf Ihre Kommentare per Mail oder auf http://timstrebe.blogspot.de - wir sind da ganz flexibel!

Tim Strebe
Vertrauensmann GSP/LS
Tel: 7 52 21

Anhang:

Scheibenwischer Zentrale Oktober 2013

Scheibenwischer Zentrale Oktober 2013

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Letzte Änderung: 26.09.2013