Betriebsräteversammlung 2015

UNITED

20.10.2015 UNITED - Roter Oktober im Zeichen von Gemeinschaft und Solidarität

Was ist der "Rote Oktober" eigentlich?
Zur zweitägigen Betriebsräteversammlung kommen jedes Jahr im Oktober die Betriebsausschüsse der Betriebsratsgremien der Werke und Niederlassungen mit dem kompletten Vorstand der Daimler AG zusammen. Neben dem mündlichen Tätigkeitsbericht des GBR-Vorsitzenden und der internen Aussprache, ist die Debatte mit dem Vorstand über aktuelle Belange und zukünftige Entwicklungen im Unternehmen ein zentraler Teil der Veranstaltung.

Die Betriebsausschüsse führen nach Betriebsverfassungsgesetz die laufenden Geschäfte der Betriebsratsgremien (Leitungsteams).

Auch nationale und internationale Gäste aus den Konzerntöchtern und der IG Metall nehmen an der Versammlung teil. In diesem Jahr waren rund 450 Teilnehmer beim sogenannten "Roten Oktober" dabei.

Michael Brecht und Dr. Dieter Zetsche

Dem Unternehmen geht es gut - so gut, wie nie zuvor. Ein Rekord jagt den nächsten. Ende September konnte Mercedes-Benz Cars 31 Rekordmonate in Folge und seit 13 Monaten ein zweistelliges Wachstum verzeichnen. Eine Erfolgsmeldung, die der Vorstandsvorsitzende Dr. Dieter Zetsche im Rahmen der Betriebsräteversammlung am 15. Oktober 2015 im Mercedes Event Center in Sindelfingen hervorhob.

"Alle Ampeln stehen auf grün", ergänzte auch der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Michael Brecht, "warum also gibt es dann gleichzeitig viele Themen, über die wir uns aufregen?"

In diesem Zwiespalt bewegte sich der diesjährige Rote Oktober: Auf der einen Seite stimmen die Zahlen, wie Finanzvorstand Bodo Uebber bestätigte, auf der anderen Seite soll zum Leidwesen der Beschäftigten weiter gespart, verlagert und verkauft werden.

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UNITED für die Belegschaft
"Es sind die Menschen, die dafür sorgen, dass der Stern wieder glänzt!", machte der stellvertretende Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ergun Lümali in seiner Begrüßung deutlich. Und weil es die Menschen sind, die im Fokus der Debatte stehen müssen, setzen sich die Daimler-Betriebsräte "solidarisch und vereint" - oder: UNITED - für die Interessen der Beschäftigten ein.

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Was das konkret heißt, machte Michael Brecht in seinem mündlichen Tätigkeitsbericht über die Arbeit des Gesamtbetriebsrats im letzten Jahr deutlich.

Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg
Eine zentrale Zielsetzung des Gesamtbetriebsrats lautet, die Beschäftigten am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben zu lassen. Entsprechend formulierte Michael Brecht den Anspruch, dass die hervorragende Geschäftsentwicklung in 2015 zu einer entsprechenden Ergebnisbeteiligung führen müsse.

Er verwies aber darauf, dass die Beschäftigten nicht nur finanziell von der glänzenden wirtschaftlichen Situation profitieren sollen, sondern auch durch die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze. Der entscheidende Erfolg des Jahres war daher aus seiner Sicht, dass an den Standorten Zukunftsbilder vereinbart werden konnten, die Investitionen von insgesamt 8,45 Milliarden Euro und die Beschäftigung an den Standorten absichern. Der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2020 durch die vorzeitig verlängerte "Zukunftssicherung Daimler" mache das Sicherungspaket komplett.

Michael Brecht zeigte auf, dass an fast allen Standorten in Deutschland in den vergangenen Jahren ein Beschäftigungszuwachs zu verzeichnen ist. Der Gesamtbetriebsrat sei damit seinem strategischen Ziel bis 2022, die Standorte in ihrer Kompetenz, Größe und Bedeutung zur erhalten und auszubauen, ein großes Stück näher gekommen, stellte er fest.

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Wir haben viel erreicht, sind auf gutem Weg und haben noch viel vor
In seinem Bericht ging Michael Brecht auf weitere zentrale Ergebnisse der Arbeit des Gesamtbetriebsrats im vergangenen Jahr ein: die Grundpositionen zum Generationen- management, die Gesamtbetriebsvereinbarung Ideenmanagement, das Beteiligungsprojekt Mobiles Arbeiten.

Und er stellte die Themen vor, die gerade und in Zukunft bearbeitet werden: die Neuregelung
der Systematik zur Ergebnisbeteiligung, die Altersteilzeit, die Arbeitsorganisation und die Digitalisierung der Arbeitswelt.

Hohe Brisanz hat aus Sicht des Gesamtbetriebsrats die gemeinsam mit der IG Metall unter- nommenen Anstrengungen, die Logistikfirmen, die im Werkvertrag an den Standorten der Daimler AG eingesetzt sind, in ein Tarifgefüge einzubinden. Damit sollen Dumpinglöhne und -Arbeits- bedingungen auf den Werksgeländen verhindert werden.

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Ergun Lümali vertiefte das Thema "Altersteilzeit" (ATZ). Nach dem Tariferfolg im Frühjahr 2015 hatten Gesamtbetriebsrat und Unternehmensleitung Verhandlungen über eine Anpassung der betrieblichen Vereinbarungen zur Altersteilzeit aufgenommen.

Derzeitiger Stand der Gespräche: drei ATZ-Modelle und die Möglichkeit, neben der verblockten ATZ auch unverblockte Arbeitszeitmodelle zu eröffnen, sollen einen individuelleren und flexibleren Zugang zur Altersteilzeit ermöglichen. Es wird insbesondere auch der Zugang zur "Nahles-Rente" (abschlagsfreier Rentenzugang ab Alter 63 nach 45 Versicherungsjahren) mitberück- sichtigt.

Diskussion in Foren
Im Anschluss an den Tätigkeitsbericht des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Michael Brecht trafen die Unternehmensvertreter ein. Alle acht Vorstandmitglieder waren vor Ort, um sich den Fragen der Arbeitnehmervertreter zu stellen.

Nach der erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr hielt der GBR an der Durchführung themenbezogener Diskussionsforen fest. In insgesamt acht Foren hatten die Teilnehmer so mehr Zeit für intensive Debatten mit den Vorstandsmitgliedern und Vertretern des Gesamtbetriebsrats.

Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, diskutierte gemeinsam mit GBR-Chef Michael Brecht und den Teilnehmern zum Thema "Nr. 1 der Premiumhersteller - Was fordert das von den Beschäftigten und was haben sie davon?".

Der stellvertretende GBR-Vorsitzende Ergun Lümali und Personalvorstand Wilfried Porth setzten sich währenddessen in ihrem Forum mit dem Zukunftsthema "Total digital - Die Veränderungen der Arbeitswelt durch die Digitalisierung und wie werden die Beschäftigten darauf vorbereitet?" auseinander.

Weitere Themen der Debatten in den Foren und im Plenum:

Dieselgate
"Wir haben nicht manipuliert, wir manipulieren nicht und wir werden nicht manipulieren!", mit diesen klaren Worten eröffnete Dr. Dieter Zetsche seinen Bericht.

Die Thematik werde die Automobilindustrie insgesamt noch lange beschäftigen, sagte Michael Brecht, und wies darauf hin, dass man jedoch auch bedenken müsse, dass die anspruchsvollen CO2-Ziele ohne Dieselmotoren nicht erreichbar seien.

Welche Folgen der Betrug bei VW auf die Automobilindustrie insgesamt haben werde, sei noch nicht absehbar, so Dr. Zetsche, auf jeden Fall sollten wir bei Daimler "uns nicht ins Bockshorn jagen lassen oder schmälern, was wir gemeinsam erarbeitet haben."

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Zeichen setzen für Integration
Auch die derzeit viel diskutierte Flüchtlingsthematik wurde am zweiten Veranstaltungstag aufgegriffen.

Personalvorstand Wilfried Porth berichtete von geplanten Brückenpraktika des Unternehmens als Unterstützung zur beruflichen Integration von Flüchtlingen. Hierfür werde zunächst ein Pilotprojekt im Werk Untertürkheim gestartet. 40 von der Bundesagentur für Arbeit ausgewählte Asylbewerber und Flüchtlinge können insgesamt 14 Wochen den Produktionsalltag kennenlernen und erhalten Sprachkurse - beides findet im Wechsel statt. Nach Abschluss des Praktikums sollen sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt vermittelt werden.

Vorstand und Betriebsräte würdigten die große Spendenbereitschaft der Daimler-Beschäftigten. Bei der jüngsten Spenden-Aktion spendeten sie mehr als 300.000 Euro - durch die Verdoppelung durch das Unternehmen konnte dem Deutschen Roten Kreuz über 600.000 Euro zur Verfügung gestellt werden.

Auch die Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung (GJAV) lobte das Engagement des Unternehmens in der Flüchtlingshilfe und stellte dem Vorstand forsch eine weitere Maßnahme vor: "50 zusätzliche Azubi-Stellen speziell für Flüchtlinge schaffen, die auf die Standorte verteilt werden sollen - JA oder NEIN!"

Ihre Aktion war erfolgreich: Dr. Dieter Zetsche und Wilfried Porth setzten ihr Kreuz bei "JA".

Werkverträge - Wettbewerbsfähigkeit auf Kosten der sozialen Verantwortung?
Intensiv wurde über die Problematik von Werkverträgen allgemein und den Fall "Transco" speziell berichtet und diskutiert. Der Logistik-Dienstleister hat Anfang August 2015 größere Logistik-Umfänge im Werk Mannheim übernommen. Löhne und Arbeitsbedingungen sind bei Transco um vieles schlechter als bei Daimler - auch für Leiharbeitnehmer.

Daher hatte der Dienstleister große Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung. Das Ergebnis: chaotische Zustände in Mannheim und in deren Folge Schichtausfälle im Werk Wörth, dem die Mannheimer Motoren zuliefern.

Die Situation habe sich inzwischen durch einen erheblichen Kraftaufwand der Belegschaft verbessert, die Prozesse liefen aber immer noch nicht wieder rund - so die Mannheimer Betriebsräte.

Vorstandsmitglied Dr. Wolfgang Bernhard räumte ein, dass die Komplexität der Übergabe im Motorenlager Mannheim unterschätzt wurde und sie deshalb nicht funktioniert habe. Sein ausdrücklicher Dank galt der Mannheimer Belegschaft und dem Betriebsrat, die mit vollem Einsatz dafür gesorgt hatten, dass man "mit einem blauen Auge davon gekommen sei" und die durch Transco verursachten Rückstände nicht noch gravierender ausfielen.

Die Betriebsräte machten deutlich, dass ein Unterbietungswettbewerb der Werkvertrags- unternehmen verhindert werden müsse, damit sich der Fall Transco nicht wiederhole. Eine Lösung sei ein IG Metall-Tarifgefüge, in dem die Logistikfirmen organisiert sind. Empört hatten sich die Betriebsräte aber nicht nur über die schlechten Arbeitsbedingungen bei Transco, sondern auch über die miserable Unterbringung der in Tschechien angeworbenen Arbeiter. Der Vorstand prüft dies bereits.

Markus Schmitt, Betriebsrat im Werk Mannheim, betonte noch einen anderen Aspekt: "Ich finde es klasse, dass wir uns für Flüchtlinge einsetzen und ihnen Perspektiven geben. Auch die 50 Azubi-Stellen für Flüchtlinge, für die sich die GJAV das "JA" geholt hat, sind gut und richtig. Aber ich möchte auch dringend darum bitten, dass wir unsere Leiharbeiter nicht vergessen. Gerade denjenigen, die seit 5, 6 oder sogar 7 Jahren immer wieder befristet bei uns arbeiten, müssen wir endlich eine Richtung für die Zukunft geben!"

Michael Bettag

Unsicherheit in den Niederlassungen
Eines der dominierenden Themen war wie bereits 2014 der Verkauf der Niederlassungen. In der Vertriebsorganisation herrscht große Unsicherheit angesichts der Umstruk- turierungen, GmbH-Bildungen und der Umsetzung von Customer Dedication.

Diese schwierigen Veränderungsprozesse finden derzeit auch noch alle gleichzeitig statt. Die Kommunikationsstrategie der Verantwortlichen aus Berlin trage nicht dazu bei, die Situation zu entschärfen, stellten die Betriebsräte aus den Niederlassungen fest.

Die Beschäftigten befürchten, dass sie Kunden verlieren könnten, wenn im Zuge von "Customer Dedication" ab Januar 2016 das Spartendenken auch im Service dominiere und der Kunde nicht mehr ganzheitlich betrachtet werde. Denn, so die Argumentation der Vertriebskolleginnen und -kollegen aus den Niederlassungen, der Kunde nimmt Mercedes-Benz als Marke wahr und unterscheidet nicht nach Pkw, Van oder Lkw. Entsprechend wolle der Kunde - wie bewährt - alle Geschäfte mit einem ihm vertrauten Ansprechpartner bei seiner Mercedes-Benz Niederlassung abwickeln.

Dass Mercedes-Benz seit Monaten Rekordzahlen schreibt, ist auch dem Vertrieb zu verdanken, hieß es bei der zweitägigen Betriebsräteversammlung.

Die Reaktion von Michael Bettag, dem Vorsitzenden der Niederlassungskommission des Gesamtbetriebsrats: "Man stelle sich bitte mal vor, wo wir stehen würden, wenn die Kolleginnen und Kollegen in den Niederlassungen einfach ihren Job machen könnten und sich nicht mit Umstrukturierungen befassen müssten!"

Digitalisierung = gläserne Beschäftigte?

Ein Kernthema neben der Neuausrichtung des Vertriebs war die Digitalisierung und die damit verbundene Veränderung der Arbeitswelt. Hier zeigten sich die Betriebsratsvertreter und die Unternehmensseite einig: Der Weg der Digitalisierung müsse gemeinsam von Gesamtbetriebsrat und Unternehmen angegangen werden.

Welche Vorteile die Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette mit sich bringe, machte
Dr. Zetsche an einem konkreten Beispiel deutlich: Dauerte die Showcar-Entwicklung bislang 1,5 Jahre, war das digital erarbeitete IAA-Showcar 2015 in nur 10 Monaten fertig.

Beide Seiten stimmten darin überein, dass der Mensch im Mittelpunkt der technologischen Entwicklung stehen muss. Die Betriebsräte erheben daher den Anspruch, diese Entwicklung gemeinsam mit den Beschäftigten mitzugestalten. Dabei spiele u.a. das Thema Datenschutz eine wesentliche Rolle. Bei der Vernetzung von Maschinen mit Menschen werden permanent Daten aufgezeichnet. Die Betriebsratsvertreter forderten daher eindeutige und transparente Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz ein.

UNITED

Der GBR-Vorsitzende Michael Brecht würdigte die von Edgar Joerg, Mitglied im Kreativteam des Sindelfinger Betriebsrats, ins Leben gerufene Kampagne "UNITED".

Anhänge:

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Letzte Änderung: 30.10.2015