Neues ausprobieren, Impulse setzen

Interview und Befragung

27.01.2021 Sarah Hammes, Bildungsreferentin der IG Metall begleitet im Rahmen des Projektes "IG Metall vom Betrieb aus denken" Kolleg*innen auf ihrem Weg zum Veränderungspromotor - Interview.

Sarah Hammes, Bildungsreferentin der IG Metall im Bildungszentrum Sprockhövel spricht im Interview darüber, wie die Seminare zum Veränderungspromotor aufgebaut sind - und was die Teilnehmenden für ihre betriebliche Arbeit mitnehmen.

Die "Zukunftsreihen" an den Bildungszentren laufen auf vollen Touren, auch bei Euch in Sprockhövel engagieren sich viele Kolleginnen und Kollegen im Projekt "IG Metall vom Betrieb aus denken".

Warum ist es sinnvoll, ein Veränderungspromotor, eine Veränderungspromotorin zu werden?

Das ist ganz einfach: Weil das eine sinnvolle, eine wichtige, eine nützliche Begleitung für die eigene betriebliche Arbeit ist. Weil es Kolleginnen und Kollegen neue Impulse in die Hand gibt, mit denen sie ihre betrieblichen Projekte vorantreiben und umsetzen können.

Es ist doch so: Die allermeisten Kolleginnen und Kollegen, eigentlich alle, sehen die Notwendigkeit, im eigenen Betrieb positive Veränderungen für die Beschäftigten herbeizuführen. Die Themen dabei sind äußerst vielfältig. Sie erstrecken sich vom Aufbau von VL-Strukturen, über die Organisation von Leiharbeitnehmenden bis hin zur Vorbereitung von (Haus)-Tarifverhandlungen.

Ein solches Vorhaben lässt sich aber meistens eben nicht einfach so aus dem Stand umsetzen. Deshalb ist es sinnvoll, dies in einer Projektform zu tun und mit einer Qualifizierungsreihe zu verbinden - genau das wird in den "Zukunftsreihen" getan.

Dazu kommt noch etwas nicht Alltägliches: Als Veränderungspromotorin, als Veränderungspromotor hat man die Gelegenheit, sowohl im Betrieb als auch in der IG Metall Veränderungsprozesse mitzugestalten.

Wie ist die Seminarreihe aufgebaut?

Die Zukunftsreihen verfolgen die Idee, Projekte aus den Betrieben über vier Seminarmodule und einen Zeitraum von 20 Wochen zu begleiten. Der Start erfolgt mit einem Kick-Off in der Geschäftsstelle. Dort werden die Teilnahme der Veränderungspromotorinnen und Veränderungspromotoren sowie ihre Projekte durch den Ortsvorstand beschlossen. Im Anschluss wechseln sich Seminar- und Praxisphasen ab.

Innerhalb der vier Module entwickeln die Kolleginnen und Kollegen ihre Projektziele. Sie lernen dabei verschiedene Methoden kennen, die sie direkt auf ihre Projekte anwenden können. Das sind zumeist Werte und Werkzeuge aus dem agilen Arbeiten.

Während der Praxisphasen, auch Sprints genannt, arbeiten sie an den selbst definierten Teilzielen ihrer Vorhaben und sammeln Erfahrungen. Dabei werden sie auch von der Geschäftsstelle vor Ort unterstützt. Zusätzlich vereinbaren wir zwischen den Modulen virtuelle Treffen, um Beratungsanliegen zu klären.

Warum gibt es einen Wechsel zwischen Seminar- und Praxisphasen?

Es ist uns ein großes Anliegen, die Kolleginnen und Kollegen zu ermutigen, Neues auszuprobieren und sich in kleinen Schritten einem Ziel zu nähern. Für diese Schritte können sie die Praxisphasen nutzen und im Modul Gelerntes direkt anwenden.

Gemeinsam besprechen wir dann im folgenden Seminarmodul, was gut funktioniert hat und an welchen Stellen es Herausforderungen gab. Die Erfahrungen aus den Praxisphasen verknüpfen wir mit direkten Themenbezügen im Seminar. Geht es beispielsweise in einem Projekt aufgrund mangelnder Zeit nicht so gut voran, besprechen wir gemeinsam das Thema Ressourcenmanagement.

Welche Werkzeuge bekommen die Teilnehmer konkret an die Hand - und wie können sie diese einsetzen?

In den Modulen geht es um den Mut, sich abseits der bekannten und ausgetrampelten Pfade zu bewegen. Wir besprechen, warum es bei neuen Ideen besser ist, früh und häufig zu scheitern, als es gar nicht erst zu versuchen.

Es ist wichtig aus Fehlern zu lernen anstatt einen Weg bis zum Schluss durchzuplanen und daran bis zum Ende festzuhalten. Aus diesem Grund sind die Praxisphasen in der Regel auch nicht länger als vier bis sechs Wochen.

Wir diskutieren zum Beispiel das sogenannte "Design Thinking" und wie man mehr durch die Brille des Nutzers, der Nutzerin schauen und eine empathische Haltung einnehmen kann. Dabei behalten wir jedoch den Nutzen für die Teilnehmenden im Auge, ohne dabei an starren Vorschriften oder Klauseln festzuhalten.

Dazu und daneben bekommen die Teilnehmenden auch Methoden aus dem klassischen Projektmanagement an die Hand. Dazu gehört unter anderem der Blick auf das Projektumfeld sowie die Durchführung einer Risikoanalyse.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil sind Kommunikationsübungen, die wir in jedem Modul einbauen sowie Schwerpunkte zu Themen wie Motivation, Fehlerkultur oder Moderationstechniken. Wir schauen sehr genau darauf, welche Bedarfe die Teilnehmenden haben und gestalten unsere Module danach. Aus diesem Grund ist auch keine Reihe wie die andere.

Welche Rückmeldungen bekommst Du von den Kolleginnen und Kollegen?

Die Teilnehmenden machen die Erfahrung, dass sie das Gelernte direkt praktisch auf ihre Projekte anwenden können. Das ist ungemein hilfreich. Sie erleben auch, dass es absolut in Ordnung ist, Fehler zu machen, um aus ihnen zu lernen.

Viele Kolleginnen und Kollegen berichten, dass sie den gegenseitigen Austausch sehr schätzen. Sie finden es schön, dass man einen gemeinsamen Raum hat und Zeit, einander die Projekte vorzustellen, das Vorgehen zusammen zu besprechen, sich von anderen Rat zu holen, Ideen und Impulse.

Die erste Zukunftsreihe ist nun vorbei. Wie ist Dein Fazit?

Mein Fazit ist ein sehr positives. So unterschiedlich die Reihen auch sind, eines haben sie gemeinsam: Alle sind sehr engagiert, die Kolleginnen und Kollegen brennen darauf, ihr Projekt voranzutreiben und positive Veränderungen in ihren Betrieben umzusetzen.

Besonders überrascht haben mich dabei die vielen kreativen Ideen und Lösungsansätze. Wir haben einen Kollegen, der die IG Metall im Betrieb präsenter machen möchte. Dafür überlegt er sich monatlich ein Gimmick, welches er an die Metallzeitung heftet und um betriebsspezifische Informationen ergänzt. Zuletzt hat er einen Türöffner mit seinem 3D Drucker produziert. Das kam im Betrieb richtig gut an.

Ich freue mich sehr, dass ich die Kolleginnen und Kollegen gemeinsam mit den anderen Referentinnen und Referenten bei ihren vielseitigen Projekten begleiten darf. Und ich bin sehr neugierig auf die daran anknüpfenden Diskussionen in den Geschäftsstellen. Hier wird letztlich diskutiert und abgewogen, welche Schlüsse sich aus den Erfahrungen der Projekte für die gesamte IG Metall ziehen lassen und was wir tun müssen, um als IG Metall in Zukunft weiter stark zu sein.

Letzte Änderung: 26.01.2021