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12.12.2019 Rund 20.000 Beschäftigte bei der letzten Betriebsversammlung des Jahres am 9. Dezember am Standort Sindelfingen. Zu Gast: Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender Daimler AG und Mercedes-Benz AG

Lümali: "Der Abbau von Kapazitäten darf nicht zur Leistungsverdichtung führen!"

  • Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und Mercedes-Benz AG, zu Gast auf der Betriebsversammlung im Mercedes-Benz Werk Sindelfingen
  • Der Vorstandsvorsitzende bezieht Stellung zu den angekündigten Personalkostenreduzierungen und stellt sich den kritischen Fragen der Belegschaft
  • Ergun Lümali, Betriebsratsvorsitzender Standort Sindelfingen und stellvertretender Gesamtbetriebsratsvorsitzender Daimler, hebt hervor: "Bei allen Verschlankungs- und Abbauplänen, die das Unternehmen kommuniziert, ist und bleibt die wohl wichtigste Botschaft für unsere Beschäftigten: Die Zukunftssicherung 2030, die Transformationszusage und alle tariflichen Leistungen bleiben unangetastet. Kurzum: betriebsbedingte Kündigungen bleiben bis 2030 ausgeschlossen!"

Sindelfingen. Rund 20.000 Beschäftigte haben sich gestern zur letzten Betriebsversammlung des Jahres am Mercedes-Benz Standort Sindelfingen versammelt. Aufgrund der aktuellen Situation des Unternehmens war Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und Mercedes-Benz AG, zu Gast. Er diskutierte mit dem Betriebsratsvorsitzenden Ergun Lümali über die anstehenden Sparmaßnahmen des Unternehmens und stellte sich Fragen aus der Belegschaft.

Abnehmen und schlanker werden, um zukunftsfähig zu bleiben - mit dieser Botschaft schickte Källenius die Sindelfinger Beschäftigten in die bevorstehenden Weihnachtsferien. Als Grund für die angekündigten Sparmaßnahmen nannte er "Kostenbelastungen zur Erreichung der CO2-Ziele. Diese werden unsere Ergebnisse in den Jahren 2020 und 2021 belasten". Den auferlegten Diätplan des Unternehmens präsentierte er gleich mit: Ausgaben kürzen, Materialkosten senken, Investitionen kappen, Modellpalette straffen. Vor allem Details zur Ankündigung, dass Daimler weltweit die Personalkosten in den indirekten Bereichen um mehr als 1,4 Milliarden Euro bis Ende 2022 reduzieren müsse, lockten tausende Arbeitnehmer, insbesondere auch aus den Angestelltenbereichen, zur Betriebsversammlung.

Rund 20.000 Beschäftigte versammelten sich in und vor den Hallen zur letzten BV in diesem Jahr.

"Die Belegschaft hat absolut kein Verständnis dafür, dass die Transformation auf ihrem Rücken ausgetragen werden soll", fasste Ergun Lümali den Unmut und die Sorge der Kolleginnen und Kollegen in Worte. "Der Unternehmensleitung muss bewusst sein, dass die Transformation nur gemeinsam mit den Beschäftigten gelingen kann. Daimler ist mehr als nur Blech, Kunststoff und Daten. Menschen haben dieses Unternehmen erfolgreich gemacht. Deshalb muss die Zukunft des Unternehmens die Zukunft der Beschäftigten sein", forderte er ein. "Bei allen Verschlankungs- und Abbauplänen, die das Unternehmen kommuniziert, ist und bleibt aber die wohl wichtigste Botschaft für unsere Belegschaft: Die Zukunftssicherung 2030 und die Transformationszusage und alle tariflichen Leistungen bleiben unangetastet. Kurzum: betriebsbedingte Kündigungen bleiben bis 2030 ausgeschlossen!"

Verbesserung von Prozessen und Abläufen statt Diskussion über Köpfe

Der Gesamtbetriebsrat (GBR) steht in Verhandlungen, um die von der Unternehmensleitung geplante Personalkostenreduzierung fair und geordnet zu gestalten. "Seitens des Unternehmens gab es einige "gruselige" Vorstellungen, wie Kosten eingespart werden sollen. Der Begriff der "Horrorliste" machte bei uns schon die Runde", sagte Ergun Lümali. Dazu gehörten beispielsweise Vorschläge wie die Nicht Weitergabe von Tariferhöhungen der Tarifrunde 2020 oder eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich. "Dies haben wir vehement abgewehrt. Reines Kosten schrubben und Leistungsverdichtung zu Lasten der Beschäftigten akzeptieren wir nicht! Was wir brauchen ist eine nachvollziehbare Vorwärtsstrategie für das Unternehmen, so wie wir sie am Standort Sindelfingen mit unseren Betriebsvereinbarungen zu den Zukunftsbildern haben. Da wo die S-Klasse bereits 500.000-fach vom Band gelaufen ist, muss sie auch eine Zukunft haben", so Lümali. "Unsere Grundsätze in den Verhandlungen sind ganz klar: Erstens, den Beschäftigten darf nicht in die Tasche gegriffen werden! Zweitens, wir führen keine reine Debatte über Köpfe! Drittens, der Abbau von Kapazitäten darf nicht zu einer Leistungsverdichtung führen! Der Fokus der Personalkostenreduzierung muss auf der Verbesserung von Prozessen und Abläufen liegen. Erst dann sind strukturelle Veränderungen auch nachhaltig", unterstreicht er.

Einigung zwischen Vorstand und Gesamtbetriebsrat - Eckpunkte:

Folgende Maßnahmen sollen für Tarifbeschäftigte sowie Führungskräfte in indirekten Bereichen gelten:

  • Monetäre Attraktivierung von Altersteilzeit für bestimmte Jahrgänge  Incentivierung einer befristeten individuellen Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit
  • Umsetzung eines Sozialplans ‚MOVE", der Beschäftigten die Möglichkeit von freiwilligen Ausscheidungsvereinbarungen und Frühpensionierungen einräumt. Details werden noch ausgearbeitet.
  • Wahlmöglichkeit des T-ZUG (Tarifliches Zusatzgeld). Die Beschäftigten, auch wenn sie keiner der drei Anspruchsgruppen des Tarifvertrags angehören, können das tarifliche Zusatzgeld in sechs Freistellungstage wandeln. Voraussetzung ist, dass für die Freistellung kein Kapazitätsersatz stattfinden muss. Bisher kommt der T-ZUG bei den Anspruchsberechtigten sehr gut an; rund 7.000 Beschäftigte haben in Sindelfingen sowohl 2018 als auch 2019 Anträge gestellt.

Alle Maßnahmen beruhen auf dem Prinzip der doppelten Freiwilligkeit: Nur wenn der Beschäftigte und die Führungskraft zustimmen, wird die Maßnahme wirksam.

Die Unternehmensseite hat zusätzlich folgende Entscheidungen im Hinblick auf den indirekten Bereich getroffen:

  • Reduzierung der Zahl von Arbeitnehmerüberlassungen 
  • Nur in Ausnahmefällen Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen
  • Restriktive Wiederbesetzung von freiwerdenden Stellen, die durch natürliche Fluktuation vakant werden

Außerdem verzichtet der Vorstand auf die Fortführung des Anwesenheitsbonus. Während der Vorstandsvorsitzende anstrebt, verstärkt Arbeit an Zulieferer zu vergeben, fordert der Gesamtbetriebsrat genau das Gegenteil. "Bevor Jobs bei Daimler verloren gehen, müssen unsere Leute anders beschäftigt werden und neue Aufgaben erhalten. Unser Weg muss sein, an erster Stelle Prozesse und Fremdvergaben auf den Prüfstand zu stellen. Wir fordern das Insourcing von teuren Fremdvergaben und ausgelagerten Tätigkeiten", so Lümali.

Letzte Änderung: 12.12.2019